Immer Ärger am Vorderrad

Zum Thema Reifenwechsel, der beim Motorrad wegen der Kurzlebigkeit der schwarzen Walzen recht oft ansteht, habe ich zwei unangenehme Geschichten parat, die beide aber nur das Vorderrad betreffen.

Locker bremsen beim Reifeneinfahren

Da ich ja auch schon früher ein fauler Hund war, gab ich an einem Freitag die blauen Triumph Sprint 900 einfach beim Reifenfachhändler ab um sie neu besohlen zu lassen. Tags drauf bei der Abholung baute ich, weil das Wetter richtig gut war, gleich ein paar wirklich große Umwege in den Heimweg ein, um die neuen Gummis ein zufahren. Als ich am weitest entfernten Punkt von meiner Heimstätte und die Reifen schon rundum angefahren waren, machte es Klack. Nichts böses ahnend fuhr ich im üblichen Landstrassentempo weiter bergab auf die nächste Ortschaft zu. Gleich nach dem Ortsschild hatte es eine schöne 90 Grad Kurve, die ein innerortsübliches Tempo erforderte. Also beim Bremspunkt die Vorderradbremse betätigt. Ups - Bremshebel am Anschlag, aber keine Bremswirkung. Hastig den Bremshebel gelöst und nochmals bis zum Griff durchgezogen. WIEDER NIX. Mittlerweile war ich knapp 45 Meter weiter und schon sehr nahe am Ortsschild. Also sehr energisch die Fußbremse benutzt und Klack, Klack, Klack, drei Gänge runter geschaltet. Kurve mit Hängen und Würgen gemeistert und den Trippel ausrollen lassen.

Das Problem war sehr leicht zu identifizieren. Der linke vordere Bremssattel war nicht mehr über die Bremsscheibe gestülpt, sonder hing frei schaukelnd an seinem Bremsschlauch herunter. Die dazu gehörenden Befestigungsschrauben waren nicht mehr vorhanden. Der ganze schöne Bremsdruck hatte so nur im linken Bremssattels die Bremsbeläge sehr weit aneinander gebracht und so im rechten Bremssattel keinen Druck auf die Bremsscheibe bringen können. Nur gut, das ich nicht noch ein drittes mal die Vorderradbremse betätigt hatte, da so die Bremskolben gerade noch ausreichend weit im Bremszylinder steckten und die Bremsbeläge/Kolben nur wieder zurückgedrückt werden mussten um den Bremssattel an seinen angestammten Platz zu verfrachten. Ohne Befestigungsschrauben aber war an eine Weiterfahrt nicht zu denken. An Ersatzteilbeschaffung Samstags um 16 Uhr auch nicht. So kam ich für den Rest des Wochenendes in den fraglichen Genuss eines ADAC-Mietwagens.

Am Montag stand dann Schrauben besorgen, Motorrad reparieren und Mietwagen zurückgeben an. Die Reparatur hatte dabei am wenigsten Zeit verschlungen. Die Uneinsichtigkeit des sorglosen Reifen(fach)monteurs hat meinem Weltbild dann noch den Rest gegeben.

Daher habe ich mir darauf hin passende Drehmomentschlüssel und Nüsse gegönnt und lege seither selbst Hand bei der Motorradräder Demontage/Montage an.

So lege ich nun mein Leben in die eigenen Hände. Was das bedeuten kann, zeigt die zweite kleine Geschichte.

Wenn einem ein Motorrad in den Schoss fällt

Bei der orangenen Sprint RS ist die Sache mit der Reifendemontage/Montage noch ein bisschen aufwändiger, da sie ja keinen Hauptständer hat. Deshalb habe ich meine Garagenausrüstung um Montageständer für Vorder- und Hinterrad erweitert. Da diese Montageständer nun schon vorhanden sind überwintert die RS platzsparend aufrecht an der Seitenwand unserer Garage auf ebendiesen.

Es war mal wieder Frühjahr, und die Erweckung der Sprint aus dem Winterschlaf stand an. Da die Reifen am Ende der letzten Saison schon eine Profilneurose hatten und neue Pneus auch schon aus dem Internet gesaugt worden waren, stand als erstes also eine Räderdemontage an. Während ich mich zum Garagenhof aufmache, wollen sich Frau und Kinder derweil um den sprießenden Garten kümmern. In der Garage angekommen ging es gleich mit dem Vorderradausbau los. Zuerst die Bremssättel abgeschraubt und die Radachse gelöst. Vorsichtig die Achse herausgezogen und dabei aufgepasst, das der Geschwindigkeitsgeber nicht beschädigt wird. Dabei sahs ich im Schneidersitz vor und unter dem Vorderrad des Krads um mit dem Schoss das herraus fallende Vorderrad auffangen zu können. Soweit so gut, erprobte Routine. Vorderrad ist also fast frei, da rutschen die seit 4 Monaten stabil ruhenden Gabelholme vom Montageständer und gleichzeitig löst sich auch das Vorderrad von der Achse. Die Gabelholme und mit ihnen das Gewicht des Krads kommen in meinem Schoss zu liegen und nageln mich so im Schneidersitz an den Garagenboden. Auch das freie Vorderrad hat seinen Platz verlassen und lehnt nun an meiner Schulter an.

Während ich noch über diese blöde Situation reflektiere und das Gewicht im Schoss mit den Händen an den Gabelholmen versuche zu neutralisieren, kommt mein Nachwuchs in die Garage geschlendert und fragt mich, ob sie mal auf das Motorrad klettern dürften. Mit einem Stoßgebet verneine ich das Ansinnen der zwei Kinder und fordere sie auf, sofort zur Mama zu laufen und ihr zu sagen, das ich dringend Hilfe brauche. Die übliche Antwortgegenfrage "Warum?", wird von mir mit "Fragt nicht, macht! Ich brauche wirklich dringend Hilfe." beantwortet. Mein Großer saust los, während mein Kleiner sich meine Lage noch eine halbe Minute anschaut und dann gelangweilt von Dannen zieht.

Noch mal eine Minute später erscheint meine Frau mit den Worten auf den Lippen: "Was ist mit dem Kleinen passiert, wo ist der Kleine?". Es vergeht noch eine weitere Minute bis allen in der Garage klar ist, dass der Kleine nichts hat, ich um Hilfe gebeten habe und diese auch wirklich brauche. Mithilfe genauer Anweisungen, einem in der Garage liegenden Holzbrett und einem ebenfalls dort gelagertem hydraulischen Wagenheber gelingt es meiner Frau dann in knapp 3 Minuten das Krad wieder auf seinen Montageständer zu wuchten und mich aus meiner misslichen Sitzhaltung zu befreien.

Die Kinder durften der Rettungsaktion aus sicherer Entfernung beiwohnen. Unser Kleiner fand auch das nicht sehr spannend und ist wieder in den Garten marschiert.