Navigation auf dem Motorrad
- Zwei Erfahrungsberichte

Der Papierkrieg

Jahrelang bin ich meine Motorradtouren rein nach Straßenkarte oder frei Schnauze gefahren. Anfangs nur nach Gedächtnis mit hin und wieder Anhalten und auf der Karte orientieren. Dabei bleiben oft die zum Motorrad fahren besser geeigneten Straßen links und rechts liegen. Dann - mit Tankrucksack - war es möglich, auch während der Fahrt mal eben auf die Karte zu schauen. Das Problem hierbei ist, dass man bei detaillierten Karten (1:200.000) einen doch recht langen Blick riskieren muss, um die benötigte Info abzulesen und man recht schnell aus der Karte gefahren ist. Karten mit gröberem Maßstab wiederum stellen oft die begehrten Strecken nicht mehr dar.

Mein nächster Ansatz war daher, die geplante Route in Kopien der ADAC-Toursetkarten oder Tourenkarten für Motorräder mit Textmarker einzuzeichnen und fehlende Strassen per Hand einzupflegen. Das ganze funktioniert eigentlich sehr gut, solange man auf Landstraßen von überregionaler Bedeutung bleibt. Andernfalls ist es von der Kartenbearbeitung sehr aufwendig. Weitere Schwachpunkte sind die nicht existierende Schlechtwettereignung und die massiven Einschränkungen bei spontaner Routenumplanung.

Der nächste Versuch mit Abbiegetabellen aus einem PC-Tourenplaner heraus hatte zwar die gleichen Einschränkungen, wie die bearbeiteten Kartenkopien, war aber nicht so aufwendig bei der Erstellung und erzielte vergleichbare Ergebnisse beim Finden der Route.

Aus meiner Sicht ist der ganz große Schwachpunkt aller bis jetzt angesprochenen Navigationsverfahren das Finden der kleinen Straßen. Der Normautofahrer möchte auf einer möglichst geraden Straße möglichst schnell und direkt von A nach B geleitet werden. Daher ist in Deutschland (und meistens auch anderswo) die Beschilderung auf die überregionalen Straßen ausgelegt. Der tourende Motorradfahrer (ich zumindest) möchte aber lieber die kleinen kurvigen Landstraßen unter die Räder nehmen. Wenn es nun von A nach B zwei mögliche Straßen gibt, eine die seit Urzeiten schon dem kurvigen Flußverlauf folgt und eine neue, gerade Umgehungsstraße wird B immer nur über die Umgehungsstraße beschildert. Es ist daher fast unmöglich die kleine Straße zu finden, wenn A aus mehr als ein paar Häusern besteht, da es kein konsequentes Prinzip gibt, auf was die kleine Straße beschildert wird. Manchmal wird nur auf den Ortsteil, aus dem die Straße A verlässt, oder die nächste Ortschaft im Verlauf der Landstraße oder die übernächste und so weiter verwiesen. Es kommt auch vor, dass überhaupt nichts ausgeschildert ist bis man zum Ortsausgangsschild kommt, auf dem die nächste Ortschaft dann angegeben ist.

In Frankreich funktionieren die oben beschriebenen Navigationsverfahren aber sehr gut, da dort jeder noch so kleinen Landstraße eine Nummer zugewiesen wurde, die auch konsequent beschildert ist. Der Trick ist eben auf diese Nummer zu achten. Sie ist zwar nicht immer auf den großen Wegweisern mit den Ortsnamen angegeben, es gibt aber immer kleine Schilder mit der Straßennummer.

In Deutschland aber könnte man stellenweise fast verzweifeln. Daher der Wunsch nach einem digitalen Navigationssystem, das die Zuführung zu den kleinen Landstraßen deutlich erleichtert. Als Bonus bekommt man für spontane Routenänderung noch eine Autoroutingfunktion mit dazu.

Von der Bastellösung zum rund um Sorglospaket

Meine Erfahrungen mit dem PDA basierten navigieren hatten mich von der digitalen Lösung soweit überzeugt, dass ich nach dem Totalausfall des Acer N35 ein solideres Gerät angeschaft habe. Um die erkannten schwächen der PDA Lösung nicht wieder mit einzukaufen habe ich auf folgende Punkte besonders geachtet.

Als es Anfang 2009 bei einem der großen Motorradzubehör Discounter das Tomtom Raider Europa inklusive Bluetooth-Headset und Motorradtourenplaner 2008/2009 im Angebot gab habe ich dort zugeschlagen, da es nach meiner Recherche meine Anforderungen am besten abdeckt. Wo ich mir nicht wirklich sicher war, war die Frage, ob der Tomtom Raider klein genug ist um in der Halbschale der Triumph Sprint RS Platz zu finden.

Anbau und Betrieb der Hardware

Klick mich

Fast alles im Blick

Mit der Einschränkung, dass man bei gerader Sitzhaltung und montiertem Navi den Tacho nicht einsehen kann, konnte ich dann doch ein gutes Plätzchen finden. Zum einen hat auch das Navi eine Geschwindigkeitsanzeige und zum anderen ist der digitale Tacho bei leicht schräg gehaltenem Kopf auch wieder einsehbar. Zur Befestigung der Halterung wählte ich eine Verschraubung zwischen Hilfsrahmen und Halbschale, sodass das Navi, wie das Cockpit, beim lenken nicht mit bewegt wird. Die Stromversorgung war auch schnell unter dem Tank hindurch vom Navi-Halter zur Batterie gelegt. Um hier auf der sicheren Seite zu sein habe ich noch eine Kabelgebundene Kfz-Sicherung in die Stromversorgung mit eingearbeitet. Ein zusätzlicher Ein/Ausschalter ist meiner Meinung nach nicht nötig, da man das Navi sowieso aus dem Halter löst, wenn man das Motorrad unbeaufsichtigt läst und der Stromverbrauch bei kleineren Pausen nicht so groß ist das er für das Bordnetz eine Rolle spielt.

Klick mich

Befestigung der GPS Halterung

So am Motorrad angebracht ist die Bedienung des Touchscreens auch mit Handschuhen im sitzen sehr bequem möglich. Aufstarten und laden der Route geht schnell. Das man währen der Fahrt keine Waypoints löschen kann ist wohl der Fahrsicherheit geschuldet und aus meiner Sicht auch gut so.

Der Einbau des Headset in meinen Shoei RS1000 war keine große Herausforderung, nur durch das außen am Helm befestigte Steuerelement wurden die eh schon recht lauten Windgeräusche noch etwas aufdringlicher. Das verkoppeln der Bluetooth Systeme Raider, Headset und Handy war auch einfach, intuitiv und schnell erledigt. Verständlichkeit ist gut, Reichweite ist nicht wirklich von belang, da das im Tankrucksack im Plastikbeutel eingepackte Handy problemlos koppelt. Auch der Akku des Headsets reicht bei mir einen ganzen Tourtag. Langatmige Telefongespräche auf dem Motorrad sind nicht mein Ding, daher hab ich keine Ahnung wieweit sich dies auf die Betriebszeit des Headsets auswirkt.

Die Lautstärke des Headset läst sich auch mit Sommerhandschuen sicher über das Bedienelement am Helm während der Fahrt einstellen

Planen mit der Software

Die Tourplanung mit dem MTP 2008/2009 ist wie schon von den Vorgängerversionen gewohnt gut und schnell zu erledigen. Übertragung der Ergebnisse direkt auf den Tomtom über USB funktioniert auch sehr einfach und schnell. Die Problematik eine Übereinstimmung der Routen im MTP und auf dem Navi über Anzahl und Position der Waypoints manuell zu gewährleisten ist kein echtes Thema mehr, da der Raider deutlich mehr Waypoints klaglos schluckt und man beim MTP nun in der Lage ist die Anzahl der Waipoints über die eingestellte Detailtiefe zu beeinflussen. Für mich macht die Einstellung "nur Zwischenstationen" am meisten Sinn. Da aber das Kartenmaterial von MTP und Raider nicht übereinstimmt muss man weiterhin auf dem Navi das Ergebnis des Routings prüfen um falsch gesetzten Waipoints auf die Schliche zu kommen. Macht man dies nicht, kann es einem wie mir mit dem Auto auf großer Sommerurlaubsfahrt mitten in Italien passieren, dass man von der netten Tomtom-Stimme von der Autobahn gelotzt, am Kassenhäuschen, da defekt, durchgewunken, um einen Kreisel herum und mit neuem Ticket wieder auf die Autobahn beordert wird. Bei über Landstrassen geplanten Touren ist dies weniger das Thema, wenn man die Zwischenstationen nicht zu dicht an Abzweigungen platziert, aber bei mal eben schnell zusammengeklickten Routen kann das schon nervig werden.

Erprobung auf freier Wildbahn

Meine im letzten Absatz beschriebenen Erfahrungen mit dem neune MTP habe ich bei der Überplanung der 3-Gebirgs-Tour, die ich ursprünglich 2007 online gestellt hatte, gemacht und diese dann mit dem Tomtom Raider in der Saison 2009 durchgeführt. Alles in allem ging sowohl der Übertrag der alten Planung auf den neuen MTP, sowie die Änderungen am Tourtag 1 und 2, als auch die Übertragung und Kontrolle auf den Tomtom schnell und flüssig von der Hand. Während der Tour tat das System unauffällig seinen Dienst und es gab keine der Planungssoftware zuzuschreibende Fehlleitungen. Mit der motorradspezifischen Navigationslösung sind alle bei der PDA basierten Navigation beschriebenen Unzulänglichkeinen nicht mehr gegeben. Das Raider läst sich für meinen Einsatzzweck ohne Einschränkungen am Motorrad einfach und unkompliziert nutzen und ist somit den Mehrpreis zum PDA wert.